Salon kontrovers: Briefe – schreiben und lesen - Der Bruderstreit im Hause Mann – Im Briefwechsel zwischen Thomas und Heinrich Mann
Der Bruderstreit im Hause Mann – Im Briefwechsel zwischen Thomas und Heinrich Mann
Kooperationsveranstaltung mit dem S. Fischer Verlag zum 150. Geburtstag und 70. Todestag von Thomas Mann im Jahr 2025
Es lesen Peter Schröder und Michael Schütz
Konzeption und Einführung: Ruthard Stäblein
„Brüder sein, das heißt: Zusammen in einem würdig provinziellen Winkel des Vaterlandes kleine Jungen sein und sich zusammen über den würdigen Winkel lustig machen. Heißt dann: einzeln, aber immer in organischer Verbundenheit und im Gedanken aneinander, hineinwachsen, hineinaltern“ durch das Werk, „sich aus dem Einzeldasein wieder zueinanderfinden, sich lächelnd anblicken“. – Mit diesen Worten gratuliert Thomas Mann seinen um vier Jahre älteren Bruder zum 60. Geburtstag.
Beide Brüder sind gemeinsam in Lübeck aufgewachsen. Beide haben zwei prägende Jahre gemeinsam in Italien verbracht. Aber dann gehen ihre Wege durch gegensätzliche Werke auseinander. Der jüngere Thomas schreibt seinen Familienroman „Buddenbrooks“ und hat unmittelbar Erfolg. Der ältere Heinrich verfasst erotisch aufgeladene Romane im Zeitgeist der „décadence“, wie „Jagd nach Liebe“, und wird weniger beachtet. Nur Thomas erregt sich in einem Brief an den Bruder: „Diese schlaffe Brust in Permanenz, dieser fortwährende Fleischgeruch ermüden, widern an.“ „Nur Affen und andere Südländer können die Moral überhaupt ignorieren.“
Während des 1. Weltkriegs spitzt sich der Streit zwischen den Brüdern zu. Heinrich schaut gen Westen, preist die französische „Zivilisation“, Emile Zola, die westliche Demokratie, den Fortschritt. Thomas wendet sich dem Osten zu, dem unverdorbenen Russland, Dostojewski, der „deutschen Kultur“. Er erfindet dafür den Kampfbegriff einer notwendigen „konservativen Revolution“, der übrigens aktuell wieder von rechtsextremen Nationalisten aufgegriffen wird.
Dann aber schreibt Thomas am „Zauberberg“ und er beginnt, humanistische Werte der Aufklärung und die von Rechtsnationalen angegriffene Demokratie der Weimarer Republik zu verteidigen.
Die beiden Brüder finden wieder zueinander und versöhnen sich endgültig im amerikanischen Exil und im Kampf gegen die nationalsozialistisch-deutsche Barbarei. Der Jüngere hilft dem Älteren auch finanziell. Nur über den Frauengeschmack von Heinrich rümpft Thomas Mann weiter die Nase.
Foto: Peter Schröder (c) Michael Benthin