Franz Kafkas Geschichten leben aus den grotesken Bildfolgen und Übertreibungen des frühen Kinos, die hier literarisch verdichtet wiederkehren: im Rhythmus des großstädtischen Verkehrs, in Verfolgungsjagden und Doppelgänger-Szenen, in Verbrechen und Pathos, in den Gebärden der Angst und den Schattenspielen des Schreckens. Peter-André Alts Vortrag bietet eine Vielzahl überraschender Entdeckungen, die Kafkas Texte als Muster filmischen Erzählens in völlig neues Licht rücken.

Dass Kafka ein passionierter Kinogänger war, dokumentieren seine Briefe und Tagebücher. Bisher hat man jedoch übersehen, wie stark auch seine literarische Arbeit durch die Wahrnehmungs- und Darstellungsformen des Films bestimmt wurde. Der Vortrag zeigt verschiedene Formen von Kafkas kinematographischem Erzählen, die in den Techniken der Bildverknüpfung, der Verwendung konkreter Motive, den Sehperspektiven, der Körpersprache der Figuren und den dramaturgischen Mustern seiner Geschichten zutage treten. So erschließt sich ein verblüffendes Panorama literarischer Muster, in denen Kafka die Bewegungsfolgen und Kameraeinstellungen, die Stoffe und die Mythen des frühen Kinos adaptiert. Die Studie präsentiert zahlreiche Funde und Beobachtungen, die den großen Klassiker der Moderne besser als zuvor verständlich machen.

Peter-André Alt, geb. 1960, ist Professor für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft an der Freien Universität Berlin. Seine Arbeitsschwerpunkte sind die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts sowie der klassische Moderne (1890-1930). Über Franz Kafka hat er eine vielbeachtete Biografie (Franz Kafka, Der ewige Sohn) veröffentlicht, die 2024 ihre vierte Auflage erlebte (Verlag C.H.Beck München). 2009 erschien: Kafka und der Film. Über kinematographisches Erzählen (Verlag C.H.Beck München).

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