Anna Möbus und Charlotte Welling - Zwischen Sex und Ex – Machen Männer wirklich glücklich?
Anna Möbus und Charlotte Welling // Zwischen Sex und Ex – Machen Männer wirklich glücklich?
Text: Thomas Reis
Regie: Joe Knipp
Auf der Bühne: Anna Möbus und Charlotte Welling
Premiere war am 21.04.2023 Theater im Pariser Hof
Zwei Frauen, ein Kühlschrank und die alles entscheidende Frage: Machen Männer wirklich glücklich?
Das ist zweifelsfrei eine Frage, die eingedenk der Tatsache, dass depperte Despoten, bildungsferne Milliardäre und postpotente Potentaten die Welt derzeit
schamlos zerlegen, nicht vorbehaltlos mit „ja“ zu beantworten ist. Wir leben in endemischen Zeiten soziophober Einsamkeit, nationaler Tollwut, feministischer Schnappatmung und machistischer Zwangsneurosen.
Die Welt, wie wir sie kannten, ist uns restlos abhandengekommen. Alle sind von der Rolle, zwei suchen nach Orientierung, politisch, privat, pointiert und notgedrungen, zwei
herausragende Kabarettistinnen, wie sie die kleine Kunst selten erlebt hat zünden ein Feuerwerk der schrägen der Reflexion.
Anna und Charlotte, zwei zauberhafte und geistreiche Frauen, nach eigenen Angaben knapp 30, werden zu einer Hochzeit eingeladen, einer On-Line-Hochzeit. Das Format hat
sich inzwischen etabliert, denn die virtuelle Bewirtung ist einfach deutlich günstiger als jede analoge Orgie. Als Einladung erhalten beide eine detaillierte Gebrauchsanleitung zur heimischen Durchführung der Festivität nebst einer umfangreichen Einkaufsliste.
Am Tag des emotionalen Hochfestes machen sich beide vorschriftsmäßig schick, um sich anschließend feierlich gewandet in eine Video-Konferenz zu schalten, denn Klara, ihre beste Freundin, heiratet ihren besten Freund, Max, virtuell, aber in echt. Die Trauung findet ebenso wie die Party am Bildschirm statt, der einzige reale Gastgeber ist der Kühlschrank. Es entwickelt sich ein ebenso dramatischer wie angetrunkener Diskurs über das große, bunte Ganze und das verflixte, schwarze Kleine, über das Wesen der Beziehung, der Sehnsucht, der Hoffnung, des Glücks und über den praktischen Nutzen des Ehemanns, ein irrwitziger Dialog über die Groteske des Lebens.
Durch den sich sukzessive erhöhenden Alkoholspiegel, den der freundliche Kühlschrank, präzise den Anweisungen des Partydrehbuchs folgend, befördert, eskaliert das Wedding-
Event zu einem Beziehungsdrama ohne Beziehung, kein „Dinner for One“, eine „Wedding for Two“, die selber gar nicht heiraten und auch sonst nicht wirklich teilnehmen können, weder am Glück der anderen, noch am eigenen. Beide sind gefangen im Dilemma der anwesenden Abwesenheit und der unerträglichen Digitalität des Seins. Ein unfassbar lustiger Abend mit irren Wendungen, verblüffenden Überraschungsmomenten, brüllender Situationskomik und enorm originellen Fragen auf die Antworten des Lebens. Nein, umgekehrt. Zwischen Sex und Ex, das ist tabuloser Spaß, da gibt es keine Obergrenze für schwarzen Humor und flüchtige Zoten, da wird kein Lacher abgeschoben, selbst hemmungslose Schenkelklopfer erhalten Bleiberecht, solange sie sich nur auf die eigenen Schenkel klopfen.
Foto: Thomas Welling
Einlass 19:00 Uhr