Woyzeck (Büchner)
"Weißt Du auch, dass selbst der Geringste unter den Menschen so groß ist, dass das Leben noch viel zu kurz ist, um ihn lieben zu können?"
Büchner stellt diese Frage in seinem Lustspiel "Leonce und Lena". Mit Woyzeck hat er einen solchen "Geringsten" geschaffen.
Woyzeck, Soldat und Barbier, wird vom Hauptmann gedemütigt, vom Doktor für ein "wissenschaftliches Experiment" missbraucht. Er tut es für Geld, das er Marie bringt, die ein Kind von ihm hat. Ist es wirklich von ihm? Woyzeck ist eifersüchtig auf den Tambourmajor, mit dem Marie ihn betrügt. Er versucht, sie zur Rede zu stellen und sich seinem Freund Andres mitzuteilen – doch niemand hört zu. Er beginnt, Stimmen zu hören. Verstört und einsam ersticht Woyzeck seine geliebte Marie, und mit Marie hat er sich am Ende selbst getötet. WARUM? Woyzeck weiß es nicht.
Wir stellen uns vor: Mörder & Opfer nach der Tat. Ein Gespräch mit den Toten. Ein Blick in den eigenen Abgrund …
"Woyzeck lebt, wo der Hund begraben liegt, der Hund heißt Woyzeck. Auf seine Auferstehung warten wir mit Furcht und / oder Hoffnung, dass der Hund als Wolf wiederkehrt."
Heiner Müller in seiner Dankesrede "Die Wunde Woyzeck" zur Verleihung des Georg Büchner-Preises 1985.
"Es war einmal ein arm Kind und hatt´ kein Vater und keine Mutter, war alles tot, und war niemand mehr auf der Welt. Alles tot, und es is hingangen und hat gesucht Tag und Nacht. Und weil auf der Erde niemand mehr war, wollt´s in Himmel gehn, und der Mond guckt es so freundlich an; und wie es endlich zum Mond kam, war´s ein Stück faul Holz. Und da is es zur Sonn gangen, und wie es zur Sonn kam, war´s ein verwelkt Sonneblum. Und wie´s zu den Sternen kam, waren´s kleine goldne Mücken, die waren angesteckt, wie der Neuntöter sie auf die Schlehen steckt. Und wie´s wieder auf die Erde wollt, war die Erde ein umgestürzter Hafen. Und es war ganz allein. Und da hat sich´s hingesetzt und geweint, und da sitzt es noch und is ganz allein."
Georg Büchner, WOYZECK
Woyzeck: Christian Suhr
Spieldauer: 55 Minuten