Dienstag, 10.10.2023
um 19:30 Uhr

Kulturzentrum Pavillon
Lister Meile 4
30161 Hannover



Der Journalist Carl von Ossietzky kämpft als Soldat 1916 bis 1918 an der Westfront des Ersten Weltkrieges, unter anderem in der Schlacht von Verdun. Als entschiedener Pazifist kehrt er aus dem Krieg zurück, schreibt Artikel gegen die Romantisierung und Fortsetzung des Krieges. Unermüdlich setzt er sich für Frieden und Demokratie gegen Militarismus und Chauvinismus ein.
1922 beginnt Carl von Ossietzky für die Wochenzeitschrift „Die Weltbühne“ zu schreiben, später wird er Chefredakteur dieser wichtigen politischen Zeitschrift, für die u.a. Autoren wie Ernst Bloch, Bertolt Brecht, Erich Kästner, Walter Mehring und Kurt Tucholsky schreiben. Ossietzky warnt früh immer wieder vor der faschistischen Gefahr, verteidigt die Weimarer Republik gegen die Nazis. Wegen des Satzes „Soldaten sind Mörder“ (in einem Artikel von Kurt Tucholsky) wird Carl von Ossietzky angeklagt, aber 1932 freigesprochen.
Nach der Veröffentlichung des Weltbühne-Artikels „Windiges aus der Luftfahrt“, mit dem 1929 der Flugzeugkonstrukteur Walter Kreiser die verbotene Aufrüstung der Reichswehr aufdeckt, wird er Ende 1931 wegen Verrat militärischer Geheimnisse zu 18 Monaten Gefängnishaft verurteilt. In einem Brief an seine Frau schreibt er: „Unter Hochrufen ging ich durchs Gefängnistor. Dieser Tag, der der traurigste hätte werden können, ist für mich der stolzeste meines Lebens geworden“.
Nach der Übertragung der Regierungsmacht auf die Nazis wird er noch in der Nacht des Reichtagsbrandes 1933 erneut verhaftet und in verschiedene Konzentrationslager (KZ) deportiert. Wenig später verbieten die Nazis die „Weltbühne. Über das KZ Sonnenburg im heutigen Polen wird er in das KZ Esterwegen im Emsland verschleppt. Hier müssen Häftlinge in Zwölf-Stunden-Schichten in den umliegenden Mooren arbeiten, eine unmenschliche Quälerei, die viele nicht überleben. Carl von Ossietzky wird in der KZ-Haft übel misshandelt. Ein Schweizer Diplomat beschreibt ihn nach einem Zusammentreffen im Jahr 1935 als „zitterndes, totenblasses Etwas, ein Wesen, das gefühllos zu sein schien, ein Auge verschwollen, die Zähne anscheinend eingeschlagen.“
Währenddessen setzen sich seine Unterstützer dafür ein, dass dem Journalisten der Friedensnobelpreis zugesprochen wird. Auch Albert Einstein und Thomas Mann machen sich für ihn stark. 1936 klappt es schließlich und er nimmt den Preis gegen den Willen des Nazi-Regimes an. Wenige Tage vor der Verleihung in Norwegen (zu der er nicht fahren darf) wird er, stark geschwächt und infiziert mit Lungentuberkulose, offiziell aus der Haft entlassen und in ein Krankenhaus verlegt. Am 4. Mai 1938 stirbt Carl von Ossietzky an den Folgen der Krankheit und den schweren Misshandlungen, noch immer unter Polizeiaufsicht.
Nach der Befreiung vom Faschismus bemüht sich Carls Witwe Maud von Ossietzky um die Wiederbelebung der »Weltbühne«. 1946 erhält sie von der sowjetischen Militärverwaltung die Erlaubnis, das Blatt im sowjetischen Sektor neu herauszugeben. Nach der Zeitenwende 1990 muss die »Weltbühne« schließlich im Juli 1993 wegen dubioser Rechtsstreitigkeiten über die Titelrechte ihr Er- scheinen einstellen. Der hannoversche Journalist Eckart Spoo aber will, dass die publizistische Tradition der »Weltbühne« weiterlebt. Mit »freundlichem Zuspruch von Rosalinda von Ossietzky-Palm« (der Tochter) gründet er die Zeitschrift »Ossietzky«, die seit nun- mehr mehr als 25 Jahren alle zwei Wochen erscheint.


Auf den Tod eines Kämpfers für den Frieden
Der sich nicht ergeben hat
Ist erschlagen worden
Der erschlagen wurde
Hat sich nicht ergeben,
Der Mund des Warners
Ist mit Erde zugestopft.
Das blutige Abenteuer
Beginnt.
Über das Grab des Friedensfreundes
Stampfen die Bataillone.
War der Kampf also vergebens?
Wenn, der nicht allein gekämpft hat, erschlagen ist
Hat der Feind
Noch nicht gesiegt.

Als Carl von Ossietzky 1938 an den Folgen der KZ-Haft und den erlittenen Misshandlungen stirbt, widmet ihm Bertolt Brecht das Gedicht.

Der Schauspieler, Gewerkschafter und politische Internationalist Rolf Becker wird auch als profilierter Synchron- und Hörspielsprecher geschätzt. Die Texte seiner Lesung hat er 1994 zusammen mit Eckart Spoo ausgewählt und für die Lesung in Hannover aktualisiert.

Eventdaten bereitgestellt von: Reservix