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Yannick Nézet-Séguin räumt mit einer alten Mär auf: der Behauptung, dass es in der Musikgeschichte keine erstrangigen Komponistinnen gegeben habe. 2022 stellte er bei Lucerne Festival die Afroamerikanerin Florence Price vor, 2023 die früh verstorbene Französin Lili Boulanger — und nun ist die deutsche Romantikerin Clara Schumann an der Reihe, mit ihrem Ersten Klavierkonzert, das sie mit dreizehn in Angriff nahm. Die Italienerin Beatrice Rana, die im letzten Sommer mit Rachmaninows Paganini-Rhapsodie für Aufsehen sorgte, ist die ideale Pianistin für dieses furiose Frühwerk. Ihre Einspielung mit Nézet-Séguin, die kürzlich herauskam, sei die bisher «beste Interpretation» des Konzerts, hiess es im Bayerischen Rundfunk. Nézet-Séguin gilt als «musicians’ conductor», als Dirigent, der das Herz der Musiker*innen erreicht und sie zu Höchstleistungen beflügelt. Das bewies er auch schon mit dem Lucerne Festival Orchestra, zuletzt bei einer bewegenden Aufführung der Achten Sinfonie von Anton Bruckner, die Dringlichkeit mit überwältigender Klangschönheit verband. Die Fortsetzung gibt es nun mit der Siebten in E-Dur: Was für ein Geschenk zum 200. Geburtstag des Komponisten!
Solist*innen, Vokalensemble und Orchester des Collegium Musicum LuzernLuzerner KantoreiJürg HennebergerDirigent
Der Vater wusste, wie man’s macht: «Vergiss das sogenannte Populare nicht, das auch die langen Ohren kitzelt», riet Leopold Mozart seinem Sohn Wolfgang Amadé. Und der gab mit den deftigen Alla-turca-Passagen aus seinem A-Dur-Violinkonzert die passende Antwort. Das zeitgenössische Publikum verspürte bei dieser «Türkenmusik» eine Mischung aus Lust und Schauer. Für Lisa Batiashvili aber ist es der ideale Einstieg in ihre Residenz als «artiste étoile». Denn in Mozarts berühmtestem Violinkonzert darf sie nicht nur ihre musikantischen Qualitäten herausstellen; sie wird auch zärtliche Kantilenen anstimmen, brillante Sprünge meistern und mit stilsicherem musikalischem Geschmack überzeugen. Am Pult steht ihr der 35-jährige Lahav Shani zur Seite, der im vergangenen Festspielsommer mit dem Israel Philharmonic Orchestra auftrat und Haydns letzte Sinfonie so spritzig dirigierte, dass man aus dem Staunen nicht herauskam. Mit seinem Rotterdam Philharmonic Orchestra widmet er sich nun zwei Meilensteinen der französischen Musik: In Debussys La Mer verwandelt sich das Orchester in einen flutenden Ozean, in Ravels La Valse zelebriert es einen heissen Tanz auf dem Vulkan.
In der Literatur, der Malerei und der Musik sind die Jahreszeiten ein beliebtes Thema. Aus gutem Grund: Sie prägen unser tägliches Leben, lassen sich anschaulich ins Bild setzen — und ebenso plastisch in Töne. Die wohl berühmteste Jahreszeiten-Vertonung stammt von Antonio Vivaldi: Vor rund 300 Jahren veröffentlichte der italienische Barockkomponist vier unverwüstliche Violinkonzerte, eines für jede Jahreszeit. Und tatsächlich ist hier so einiges zu hören an Wetter- und anderen Naturphänomenen: Im Frühling zwitschern die Vögel um die Wette, im Sommer donnern gewaltige Gewitter übers Land. Im Herbst geht’s zur Weinernte und auf die Jagd, im Winter — darauf war zu Vivaldis Zeiten noch Verlass — rieselt leise der Schnee. Auch quakende Frösche, bellende Hunde und umhersummende Mücken haben ihren Auftritt. Unter der Leitung seiner beiden Konzertmeister musiziert das Lucerne Festival Orchestra diesen Evergreen als sonntägliches Musikvergnügen für alle Generationen: kurz und gut, unterhaltsam und berührend. Das ideale Konzert zum Einstieg in die Welt der Klassik.Programm:Vivaldi
Dieses Konzert des «Neugier»-Sommers ist etwas für besonders Neugierige. Denn hier begegnen Sie nicht Werken «fertiger» Meister*innen, sondern junger Komponist*innen, die noch auf der Suche sind. Wolfgang Rihm und Dieter Ammann haben sie für das Composer Seminar im Rahmen der Lucerne Festival Academy ausgewählt, haben ihre Werke in Einzellektionen und öffentlichen Sitzungen intensiv besprochen (siehe S. 49) und auch die Probenarbeit mit den Neue-Musik-Spezialist*innen der Internationalen Ensemble Modern Akademie begleitet. Im Abschlusskonzert des Composer Seminars können Sie nicht nur acht vielversprechende Nachwuchstalente mit ganz unterschiedlichen kompositorischen Ansätzen und Idiomen kennenlernen. Sie werfen auch einen Blick in die Zukunft: Was treibt die nachrückende Generation von Komponist*innen um? In welche Richtungen könnte sich das zeitgenössische Musikschaffen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten entwickeln?
40 Minuten Lucerne Festival für Neugierige: Achtmal stellen wir Ihnen am frühen Abend ausgewählte Künstler*innen und Werke vor — mit Musik und im Gespräch, ganz casual und bei freiem Eintritt. Und für alle, denen 40 Minuten nicht reichen, hätten wir noch am 24. August ein dreiteiliges 40min Open Air.
Seit 1991 ist Lisa Batiashvili in Deutschland zuhause — ihre georgischen Wurzeln aber hat sie nie vergessen. Als sie zehn Jahre alt war, erlebte sie hautnah, wie ihr Heimatland nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion für die Unabhängigkeit kämpfte. 2008 verfolgte sie gebannt, wie Putin Panzer schickte und einige georgische Regionen Russland einverleibte. Es war der Moment ihrer Politisierung und auch ein Grund, warum sie sich nach dem Überfall auf die Ukraine so rückhaltlos mit dem Land solidarisierte. Mit ihrer 2021 gegründeten Lisa Batiashvili Foundation leistet sie ihren Beitrag zu Georgiens musikalischer Zukunft: «Es gibt dort junge Künstlerinnen und Künstler, die mich so berührt haben, dass ich sie auf ihrem Weg unterstützen möchte.» Zwei ihrer Stipendiaten stellt sie in diesem Konzert vor: den 23-jährigen Giorgi Gigashvili, der schon etliche Preise bei internationalen Klavierwettbewerben gewann, und den 2009 geborenen Tsotne Zedginidze. «Er ist ein Jahrhunderttalent», schwärmt Batiashvili. «Dieser Junge besitzt eine überbordende Fantasie und eine Art zu komponieren, die zu Herzen geht.» Mit beiden wird sie in diesem Konzert musizieren.
Wie es gelingen kann, breiteste Publikumskreise auf die klassische Musik neugierig zu machen, das wissen die 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker ganz genau. Denn die unverwechselbare Mixtur ihrer Programme bietet für jede und jeden etwas: Originalwerke, viele davon eigens für das Ensemble komponiert, treffen auf raffinierte Bearbeitungen beliebter Repertoire-Highlights, Filmhits erklingen im Wechselspiel mit Jazz und Tangos. Und das alles im satten Supersound der philharmonischen Cellogruppe. Kein Wunder, dass diese Formation Fans in aller Welt hat und sogar schon mehrfach für den japanischen Kaiser spielte. Auch diesen Sommer dürfen wir mit den «fabulous twelve» schwelgen: etwa in beseligenden Ensemblesätzen aus Mendelssohns Elias oder mit der herrlichen Arie Je crois entendre encore aus Bizets Perlenfischern. Direkt in die Beine geht Shigeaki Saegusas Ragtime, und Cineast*innen kommen bei Filmmelodien aus Basic Instinct, Catch Me If You Can oder Titanic ganz auf ihre Kosten. Wenn dann noch der Song As Time Goes By erklingt, schmelzen wohl alle dahin. Aber die 12 Cellisten können auch anders — und entlassen uns mit Astor Piazzollas Tangorhythmen in die laue Sommernacht.
Er ist schon mehr als ein Geheimtipp: Der 1996 geborene britische Pianist Martin James Bartlett spielt sich gerade in die Spitzenklasse der Klavierszene. 2014 gewann er den BBC-Young-Musician-Wettbewerb und debutierte im Folgejahr bei den BBC Proms. 2020 ging er als Sieger aus der Cleveland International Piano Competition hervor. 2022 kürte ihn Rudolf Buchbinder zum Gewinner des erstmals ausgetragenen «Prix Serdang» in der Schweiz. Bartlett ist Exklusivkünstler bei Warner Classics und hat dort bereits zwei hochgelobte CDs veröffentlicht. Stilistisch ist er bei den französischen Clavecinisten ebenso zuhause wie bei Mozart, in der Romantik oder bei jazzig inspirierten Werken. Und immer besticht er durch seine intelligenten, packenden Interpretationen. Beim Thema «Neugier» dachte Bartlett zunächst an die Wissbegierde von Kindern. Weshalb er Schumanns Kinderszenen und Ravels Pavane pour une infante défunte aufs Programm gesetzt hat. Aber er lädt uns mit Couperins Barricades mystérieuses auch zum Rätselraten ein: «Manche glauben, das Stück habe mit dem Weinbau zu tun, sein Rhythmus illustriere das Stampfen der Trauben.» Lassen Sie sich überraschen!
Zum Bruckner-Jubiläum haben sich die Berliner Philharmoniker und Kirill Petrenko die vieldeutigste der Bruckner-Sinfonien vorgenommen, die Fünfte. Die einen nennen sie «Die Tragische» und glauben, dass sie die widrigen Lebensumstände des oberösterreichischen Komponisten spiegele, der in Wien so hart um Anerkennung ringen musste. Die anderen sprechen von der «Katholischen» oder der «Glaubenssinfonie», weil Bruckner hier so viele Choralweisen verwendet. In den Orchestern wird die Fünfte gern als «Pizzicato-Sinfonie» bezeichnet, und wer sie einmal gehört hat, versteht sofort, warum. Sogar die Fussball-Fans haben das Werk für sich entdeckt, denn in der Champions League grölen die Tifosi einen Schlachtengesang, der verdächtig an das Hauptthema aus dem Kopfsatz erinnert. Und Bruckner selbst? Er sprach von seiner «Phantastischen», verriet nur leider nicht den Grund dafür. Fest steht, dass Bruckners Fünfte äusserst kunstvoll gearbeitet ist: Sowohl die Eck- als auch die Binnensätze beginnen jeweils mit demselben musikalischen Material! Ein Wunderwerk also. Und wenn ein Weltklasseorchester wie «die Berliner» es spielt, dann dürfte kein Wunsch offenbleiben.
Sie ist eine Senkrechtstarterin: Mit siebzehn gewann Annemarie Federle die Kategorie «Blechbläser» bei der BBC Young Musician Competition, ein Jahr später räumte sie beim ARD-Musikwettbewerb gleich zwei Sonderpreise ab. Als 20-Jährige wurde sie als Solohornistin ins Aurora Orchestra berufen und übernahm dieselbe Position nur wenige Monate später auch im berühmten London Philharmonic Orchestra. Federle, Jahrgang 2002, stammt ursprünglich aus Deutschland, zog jedoch schon als Kleinkind mit ihrer Familie ins britische Cambridge. Das Horn spielt sie seit ihrem siebten Lebensjahr: Sie sei wohl ein sehr lautes Baby mit ungewöhnlich kräftigen Lungen gewesen, räumt sie selbstironisch ein — und deshalb prädestiniert für dieses Instrument. Ihr Debut eröffnet und schliesst Federle mit zwei Sätzen aus ihrem Lieblingswerk: dem Prolog und dem Epilog für Solohorn aus Benjamin Brittens Serenade op. 31. Mit Franz Strauss, dem Vater des grossen Richard, ehrt sie den wohl berühmtesten Waldhornisten des 19. Jahrhunderts. Und mit Jane Vignery stellt sie eine belgische Komponistin vor, deren spätromantische Sonate alles bietet, was Horn-Fans begeistert: von der schmetternden Fanfare bis zur schmelzenden Kantilene.
Nicht nur Anton Bruckner, auch Bedřich Smetana feiert 2024 seinen 200. Geburtstag. Mit sechs Sinfonischen Dichtungen, die er als Má vlast veröffentlichte, hat er sein «Vaterland» (so die deutsche Übersetzung des Titels) auf der musikalischen Landkarte Europas verankert. Smetana erzählt darin von der grossen Geschichte seines Volks, von den Sagen und Mythen — und natürlich von der traumhaften Landschaft: Berühmtester Teil ist die unverwüstliche Moldau mit ihrem ohrwurmtauglichen Hauptthema, aber Smetana bringt auch die Schönheiten Aus Böhmens Hain und Flur zum Klingen und erklimmt mit uns den Prager Burghügel Vyšehrad. Dabei verschmilzt er die Volksmusik, etwa Tänze wie die Polka, mit einer avancierten Klangsprache à la Liszt und Wagner. Smetana hat mit diesem Zyklus die tschechische Musik emanzipiert und alle herabwürdigenden Vorurteile entkräftet. Kein Wunder, dass der «Prager Frühling», das berühmteste Musikfestival des Landes, alljährlich mit Má vlast eröffnet wird. Im Jubiläumsjahr haben die Berliner Philharmoniker und Kirill Petrenko die Ehre, diese Aufgabe zu übernehmen. Und stellen im Sommer ihre Deutung dann auch in Luzern vor.
Drei Werke, die Geschichte geschrieben haben, hat sich das ehrwürdige Royal Concertgebouw Orchestra ausgesucht. Mit der Freischütz-Ouvertüre entführt es uns zunächst in die Welt der Romantik: Wenn nach acht Takten die Hörner einsetzen, glaubt man sogleich, im Wald zu sein und das Moos zu riechen. Aber manchmal geht es da auch ganz schön unheimlich zu … Anschliessend spielt der grosse András Schiff das ungewöhnlichste der fünf Beethoven-Klavierkonzerte, die Nummer 4 in G-Dur. Hier geht es weniger um heroisches Pathos oder die virtuose Pranke. Nein, intime Empfindungen sind gefragt, und Schiff darf sich lyrisch aussingen, wird im mittleren Satz sogar mit zarten Klängen die wilden Furien des Orchesters zähmen. Das Klavier wird zur Stimme der Menschlichkeit – und trägt den Sieg über die tobende Welt davon. Auch Johannes Brahms liess sich von mäkelnden Widersachern nicht beeindrucken und antwortete auf das «Fortschrittsgebot» seiner Zeit mit einem Gegenentwurf. Seine Vierte Sinfonie greift im Finale die uralte Form der Passacaglia auf und präsentiert auf dem Fundament einer gleichbleibenden Basslinie 31 Variationen: ein Wunderwerk an Fabulierlust und Selbstbeschränkung in einem.
Kein zweiter Komponist (von Komponistinnen ganz zu schweigen) hat die Musikgeschichte so stark geprägt wie Johann Sebastian Bach — und das nicht nur im Bereich der Klassik! Bachs Spuren finden sich auch im Jazz, im Pop oder in der Folk Music. Das brachte «artiste étoile» Sheku Kanneh-Mason auf die Idee, in seinem Rezital die Fährte aufzunehmen. Er spielt Auszüge aus Bachs Erster Suite für Violoncello solo und präsentiert gemeinsam mit dem Pianisten Harry Baker Bearbeitungen von Bach-Präludien und -Chorälen. Mit der Bachiana brasileira Nr. 2 stellt er eine Hommage des Bach-Verehrers Heitor Villa-Lobos an den legendären Thomaskantor vor. Und mit Mährischen Volksliedern von Leoš Janáček eröffnet er unerwartete Querbezüge: Wie Bach habe auch der Tscheche Janáček, als eine Art Bruder im Geiste, auf den reinen Quell der Volksmusik zurückgegriffen, erklärt Kanneh-Mason. Aber er geht noch einen Schritt weiter, zu den beiden amerikanischen Jazz-Grössen Bill Evans und Pat Metheny, und zeigt, wie die Polyphonie à la Bach auch bei ihnen fruchtbar wurde. Genauso wie bei den britischen Soul- und Folksängerinnen Lianne La Havas und Laura Mvula, die ebenfalls nicht fehlen dürfen.
Morton Feldman dachte gross: Mehrere Stunden können Aufführungen seiner Werke dauern. Dagegen nimmt sich Coptic Light, sein letztes, knapp 30-minütiges Orchesterstück, fast schon wie eine Petitesse aus. Und entfaltet gleichwohl eine geradezu hypnotische Sogwirkung: Angeregt durch frühe koptische Webkunst im Pariser Louvre, knüpft Feldman einen sanft wabernden Klangteppich aus zahllosen Stimmen und Motiven, die sich überlagern, sich gegeneinander verschieben und immer neue Licht- und Farbwirkungen hervorrufen. Weshalb Markus Güdel die Aufführung um eine veritable Lichtinszenierung ergänzen wird. Beat Furrer hat sich Coptic Light ausdrücklich für seine Luzerner Residenz gewünscht — und stellt Feldmans tranceartiger Slow-Motion-Musik eine eigene Uraufführung zur Seite. Ausserdem dirigiert er ein neues Trompetenkonzert, das zeigt, wie nachhaltig die Arbeit der Lucerne Festival Academy ist: Sowohl die Komponistin Lisa Streich als auch der Solist, Opus-Klassik-Preisträger Simon Höfele, erhielten einst wichtige Impulse in der Academy.
Der Orpheus-Mythos stand vor 425 Jahren am Anfang der Operngeschichte, und er diente auch composer-in-residence Beat Furrer als Ausgangspunkt für ein innovatives Musiktheater. Begehren erzählt nicht einfach eine Geschichte, sondern verdichtet den antiken Stoff zu zehn eindringlichen Klangbildern und montiert dafür Texte von Ovid und Vergil, Cesare Pavese, Günter Eich und Hermann Broch. Ausgehend vom tragischen Moment, als Orpheus zur geliebten Eurydike zurückblickt und sie dadurch für immer verliert, erkundet Furrer das Beziehungsdrama zweier archetypischer Figuren («Er» und «Sie»): Es geht um Nähe und Distanz, Begehren und die Unmöglichkeit der Begegnung, Suchen und Erinnern. Und es geht um die Übergänge zwischen Singen, Sprechen und instrumentalen Klängen. Vor zwanzig Jahren zur Eröffnung der Kulturhauptstadt Graz uraufgeführt und seither vielerorts nachgespielt, ist Begehren nun endlich auch in der Schweiz angekommen — mit dem formidablen Klangforum Wien und dem Komponisten am Dirigentenpult.
Dieser Pianist ist einfach anders. Víkingur Ólafsson gesteht freimütig ein, dass er mit dem Begriff «Klassik» wenig anfangen kann: «Man denkt schnell an das alte Rom oder die griechische Antike, an eine ferne Vergangenheit. Aber ich bin doch nicht von gestern.» Lieber will er jedes Stück wie eine Uraufführung angehen. Wie das funktioniert, hat er im vergangenen Sommer in Luzern bewiesen, als er Bachs Goldberg-Variationen wie ein Theatrum mundi gestaltete, mit sprechenden Charakteren. Oder als «Ode an das Leben», wie er es selbst nennt: Es war einer der Höhepunkte des letzten Festivals. Nun kehrt der 40-jährige Isländer mit einer Ikone der Romantik zurück, mit Robert Schumanns Klavierkonzert, das ihm neben Virtuosität auch Poesie und eine gute Portion Humor abfordert. An seiner Seite spielt das Cleveland Orchestra mit seinem Chef Franz Welser-Möst, das vielleicht «europäischste» der amerikanischen Toporchester. Sie interpretieren im zweiten Teil Tschaikowskys Fünfte Sinfonie, eine bewegende Seelenbeichte, die mit ihren sehnsuchtsvollen Melodien, einem entzückenden Walzer und einem Triumphmarsch direkt ins Zauberreich der Musik führt.
«Drumming out of the Box»: Der Titel ist wörtlich zu verstehen. Denn das Berliner Duo Schlagwerk Voermans öffnet in seinem Programm die riesige Kiste der Schlaginstrumente und präsentiert den kleinen und grossen Konzertbesucher*innen die kunterbunte Vielfalt des Perkussion-Universums — vom Klangholz bis zur Kesselpauke, von verschiedenen Trommelarten bis zu Vibra- und Marimbafon. Frei nach dem Motto «Schläft ein Beat in allen Dingen» verwandeln die beiden Profimusiker*innen aber auch ganz gewöhnliche Alltagsobjekte in Musikinstrumente und entlocken ihnen faszinierende Klänge — Hupen etwa, den Besteckkasten oder Gegenstände aus dem Süsswarenregal. Zwischen den Stücken plaudert das Musikerpaar aus dem Nähkästchen, verrät die besten Grooves zum Nachmachen und verführt dazu, die Welt mit anderen Ohren zu hören. Eine abwechslungsreiche, mitreissende Schlagzeug-Show, bei der das junge Publikum sicher nicht still auf den Stühlen sitzen bleibt.