Den Ausgangspunkt von Manda bildeten die Auftritte zweier Frauen am Bauhaus im Jahr 1928: der Tänzerin und Choreografin Manda von Kreibig, die mit Oskar Schlemmer den Stäbetanz am Bauhaus entwickelte, und der Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Lu Märten (Die Künstlerin, 1919). Märten ermutigte Frauen, sich den gesellschaftlichen Hemmnissen ihres künstlerischen Tuns bewusst zu sein und selbstbestimmt zu agieren.
In Manda verwebt Isa Rosenberger ihre historische Recherche mit generellen und aktuellen Fragen nach dem Gedächtnis von Museen und ihrer Verantwortung in eben diesem Prozess der Geschichtsschreibung. Auf der historischen Bauhausbühne in Dessau gedrehte Statements von Regina Bittner, Kulturwissenschaftlerin, Kuratorin und Leiterin der Akademie der Stiftung Bauhaus Dessau und Barbara Steiner, Kunsthistorikerin, Kuratorin und Direktorin der Stiftung Bauhaus Dessau, ergänzen die Installation.
Der Titel Manda bezieht sich nicht nur auf Manda von Kreibig sondern bedeutet im Spanischen auch Vermächtnis, Legat oder Versprechen. Damit wird deutlich, dass die Auseinandersetzung mit Vergangenem für Rosenberger immer auch ein gesellschaftlicher Auftrag ist.
Ergänzt wird Manda durch eine zweite installative Arbeit Rosenbergers: Espiral verknüpft Kurt Jooss ́ berühmtes Tanztheaterstück Der grüne Tisch (1932), entstanden im Kontext der Weimarer Republik und nach dem Börsenkrach 1929, mit der Weltfinanzkrise von 2007/2008.
In der Ausstellung löst sich die Trennung zwischen Kunstwerk und Trägersystemen auf; Architektur, Werk und Aufführung verzahnen sich. Holzstrukturen und Mobiliar sind sowohl Teil des jeweiligen Werks als auch gliederndes Element der Ausstellung.
Isa Rosenbergers künstlerisches Interesse ist historiografisch, nimmt sie doch die Geschichtsschreibung, ihre Verkürzungen, Ausblendungen und Umschreibungen selbst in den Blick. Mehr noch: Mit ihren filmisch-installativen Arbeiten begibt sie sich oft auf Spurensuche, um dem Verborgenen, Verdrängten und Vergessenen Raum und Sichtbarkeit zu geben. Dabei verbindet Rosenberger das Körperwissen ihrer weiblichen Protagonistinnen, deren persönliche, aber auch generationsprägende Erlebnisse mit gesellschaftspolitischen Ereignissen in Vergangenheit und Gegenwart.
Isa Rosenberger lebt und arbeitet in Wien. Sie studierte an der Universität für angewandte Kunst in Wien sowie an der Jan van Eyck Akademie in Maastricht und lehrt als Senior Lecturer an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Sie hat ihre künstlerischen Arbeiten international in zahlreichen Gruppen- und Einzelausstellungen gezeigt, Einzelausstellungen waren u.a. in der Camera Austria in Graz, in der Bergen Kunsthall, im Skirball Cultural Center in Los Angeles, im Edith-Russ-Haus für Medienkunst in Oldenburg und in der Secession Wien zu sehen. Im Jahr 2008 erhielt sie den Otto Mauer Preis und 2012 den Outstanding Artist Award für Video- und Medienkunst.
Manda ist als Koproduktion mit dem Kunsthaus Graz entstanden. Sie wurde in der bislang umfangreichsten Ausstellung Isa Rosenbergers mit dem Titel Schatten, Lücken, Leerstellen neben sechs älteren Arbeiten im Frühjahr 2023 gezeigt.
Isa Rosenberger. Manda.
ERÖFFNUNG 01. Juni 2023, 18 Uhr
DAUER 01. Juni 2023 – 07. Jänner 2024
ORT Werkstattflügel im Bauhausgebäude, Gropiusallee 38, 06846 Dessau-Roßlau
ÖFFNUNGSZEITEN Mo – So, 10 – 17 Uhr (März – Oktober), Di – So, 10 – 17 Uhr (November – Februar)
FÜHRUNGEN Mo – So, 11 Uhr (Deutsch / März – Okober), Di – So, 11 Uhr (Deutsch / Novemeber – Februar), Fr, 12 Uhr (Englisch)
ALLES OFFEN – das Gesamtprojekt
Der Chor ist immaterielles Kulturerbe des Abendlandes, Geburt der Tragödie und wesentlicher Baustein der Gattung Oper. Für Richard Wagner war das Orchester der legitime Nachfahre des antiken Chors.
Die Corona-Krise hat dem Fortleben des Chores schweren Schaden zugefügt. Chor und Orchester zerfielen in ihre Einzelteile. Ein Dilemma für die Oper, denn das Wesen des Genres ist die Zusammenkunft der Künste, ihr enger Austausch, die gemeinsame Verausgabung, die körperliche Nähe, die ohne Kontakt nicht lebensfähig ist. Diese Phase scheint überstanden und der Theaterbetrieb versucht mehr oder weniger, zu seiner alten Form zurückzufinden.
Gleichzeitig hat sich die Krise ins Theatergehirn eingebrannt, ist als Bedrohung nicht mehr wegzudenken. Und vor allem: zusätzliche gesellschaftlich globale Krisen lassen die beißende Metapher weiterleben: die Gesellschaft, mit ihr ein Chor, fällt auseinander. Ob Flüchtlings-, Umwelt-, Wirtschafts- oder Energiekrise: wir brauchen den Chor als allwissenden Kommentator dessen, was die Hauptakteure nicht zu sagen vermögen.
Mit dem Projekt ALLES OFFEN erforscht NOVOFLOT, wie die Oper den aktuellen Herausforderungen sowie den Folgen der weltumspannenden Krisen künstlerisch originär begegnen könnte. Die zu findende Kulturtechnik möchte die Kompanie mit einem anderen kulturellen Erbe verknüpfen, das in besonderer Weise von der Pandemie, steigender Inflation und dem gesellschaftlichen Wandel des digitalen Zeitalters betroffen ist: mit dem Einzelhandel; darunter Kaufhäuser, kleine Ladengeschäfte, Galerien, Clubs und Gaststätten, von denen viele von der Schließung bedroht waren und sind.
ALLES OFFEN ist so auch der Versuch, wie einst der griechische Chor, im Zuge sich schließender Kommunikationsströme den Menschen unterschiedlichster Kulturen, den Individuen, ein sinnstiftendes Sprachrohr zu geben.
ALLES OFFEN #1 „Dir will ich leben hier“
(Wiederaufnahme im Rahmen des Performing Arts Festival 2023)
ALLES OFFEN #1 und #2 wurden im September 2022 mit großem Erfolg im Berliner Westen uraufgeführt. Bespielt wurden das ehemalige Casino Max Beth in der Uhlandstraße, zwei ehemalige Restaurants unter den S-Bahnbögen nahe Berlin Zoo, ein ehemaliger Hamburger-Imbiss sowie der öffentliche Raum auf dem Weg vom Steinplatz in Charlottenburg hin zu diesen Orten. Nun wird #1 „Dir will ich leben hier“ im Rahmen des Performing Arts Festivals als Adaption in Berlin-Mitte eine fulminante Wiederaufnahme erleben.
Treffpunkt: Friedrichstraße 76-78, 10117 Berlin, vor „Galeries Lafayette“. 1. - 3. Juni 2023, jeweils um 20:00 Uhr.
ALLES OFFEN #3 „Einzeln Handeln“
Uraufführung
Nach den örtlichen Erkundungen in Berlin-Charlottenburg im September 2022 widmet sich NOVOFLOT mit ALLES OFFEN #3 „Einzeln Handeln“ im Juni 2023 der Friedrichstraße in Berlin-Mitte. Im Areal zwischen Unter den Linden und Checkpoint Charlie entsteht ein Parcours durch solche Ladengeschäfte, die einst in verheißungsvollen Zeiten von einzeln handelnden Investoren errichtet wurden. Hier wird das internationale Team von Komponist:innen, Sänger:innen und Performer:innen Einzug halten, ortsbezogen und spezifisch. Temporär zwar, aber immer der Frage nachgehend, was ein kreativer Appell durch unsere Chorkonzeption bewirken und wie dieser sich konstruktiv in das krisengebeutelte Gefüge einbringen kann.
1. - 3. Juni 2023, jeweils um 21:00 Uhr. Der genaue Treffpunkt und die Spielorte werden noch bekannt gegeben.