"Das Meer trug allerlei Abfall heran an Tagen wie diesen. Algen und Fischreste. Ölfässer und einen Gummistiefel. Unklare Erinnerungen an einen Hund."
Philipp ist fast achtzehn, steht kurz vor dem Abi und weiß, welche Regeln er befolgen muss, um in Ruhe gelassen zu werden. Er weiß, wie er sich im Französischunterricht nicht anmerken lässt, dass er vorher gekifft hat. Er weiß, dass er die neue Freundin seines Vaters "Stella" und nicht "seine Stiefmutter" nennen soll. Er weiß, wie er im Zweifel für alle unsichtbar werden kann, außer vielleicht für seinen besten Freund Lorenz und für die Studentin Mascha. Mit seinem Vater, einem erfolgreichen Chirurgen, kommt er klar – umso besser, je weniger sie miteinander kommunizieren. Geschwiegen wird auch über Philipps Mutter, die nicht mehr bei ihnen lebt, seit ihre psychische Erkrankung zur unerträglichen Belastung für die Familie wurde. Als die Polizei anruft, weil sie wieder einmal auf der Suche nach ihr ist, muss Philipp sich entscheiden, ob er weiterhin nur in Ruhe gelassen werden will oder ob er endlich für sich selbst einsteht.
In ihrem dritten Roman "Wir kommen zurecht" erzählt Annika Büsing mit viel Einfühlungsvermögen und ihrer unverwechselbaren sprachlichen Kraft vom Erwachsenwerden, von Freundschaft und von den Kämpfen einer Familie – den alltäglichen und den existenziellen.
Moderation: Christian Dinger
Annika Büsing, geboren 1981, lebt in Bochum, wo sie an einem Gymnasium unterrichtet. Sie hat evangelische Theologie und Germanistik in Dortmund studiert und einige Zeit auf Island und in Hamburg verbracht. Für ihren ersten Roman "Nordstadt" (2022) wurde sie mit dem Mara-Cassens-Preis, dem Deutschen Jugendliteraturpreis sowie dem Literaturpreis Ruhr ausgezeichnet. 2023 erschien ihr zweiter Roman "Koller", mit dem sie für den Evangelischen Buchpreis und den Preis "Das zweite Buch" der Christian & Ursula Voß Stiftung nominiert war.
Foto (c) Lauree Thomas