Viktoria Tolstoy & Jacob Karlzon
17. Kasseler JazzFrühling
Schöne Stimmen gibt es viele, im Jazz heute mehr denn je. Viktoria Tolstoy aber ist einzigartig: Sie ist die große Melodramatikerin des Jazz und Pat Metheny sagte nach einem Auftritt zu ihr: „Wenn du singst, geht die Sonne auf.“ Eine bipolare Musikerin, die wie keine andere das Glück brüchig und bedroht, das Bittere aber zauberhaft und schön klingen lassen kann. Diese Kunst hat sie auch konzeptionell umrahmt und perfektioniert, seit sie 2003 ACT-Künstlerin wurde: Ob sie sich auf Material von Esbjörn Svensson, dessen e.s.t. gewissermaßen, als ihr Begleittrio anfing, oder zuletzt Herbie Hancock konzentrierte, auf klassische Vorlagen, schwedische Standards oder Repertoire aus Russland, der Heimat ihrer Vorfahren.
Ihr neues Album „A Moment Of Now“ ist nun so offen wie keines zuvor, aus einem schlichten Grund: „Das Konzept sind diesmal Jacob und ich“, sagt Viktoria. Ein intimes Album im Duo also, ganz auf die langjährige musikalische Partnerschaft von Viktoria Tolstoy mit Pianist Jacob Karlzon fokussiert. Auch Karlzons Spiel lebt von den Zwischentönen, den Übergängen, dem Uneindeutigen – egal ob der 43-Jährige am Flügel, am Fender Rhodes, am Synthesizer oder am Celesta-Glockenspiel sitzt und sich von Klassikern wie Ravel oder Hardrockern wie KoRn inspirieren lässt. Seit fast 15 Jahren ist er Tolstoys Begleiter, und er wird das wohl bleiben, auch wenn er wie einst Esbjörn Svensson inzwischen auch unter eigenem Namen auf Erfolgskurs ist – siehe Jacob Karlzon 3 „More“. „Der eine weiß meist vorher, was der andere denkt und machen wird, ohne dass einer etwas sagen müsste. Es ist fast ein bisschen gespenstisch“, erläutert Tolstoy lachend das blinde Verständnis untereinander.
Was beide für ihren Stil brauchen wie ein Fisch das Wasser, sind Melodien. 14 der schönsten sind auf „A Moment Of Now“ versammelt: „Songs, die wir in den vergangenen Jahren viel gehört und die sich aufgedrängt hatten, aber auch welche, die ganz neu für uns waren und uns herausforderten“, erklärt Tolstoy. Was eine Auswahl ergab, die völlig homogen und wie für dieses Duo geschaffen klingt, obwohl sie doch aus den stilistischen verschiedensten, oft überraschenden Quellen stammt: Vom klassischen „Apres Un Reve“ des Franzosen Gabriel Faurè über das soulig-poppige „Send One Your Love“ von Stevie Wonder, bei dem Tolstoy den hierzulande noch völlig unbekannten Jocke Bergström zu einem Gesangsduett zum Dahinschmelzen einlud, bis zum jazzigen „Shadow And Light“ von Joe Zawinul.
Dank Tolstoys Vater, der „Against All Odds“ vorschlug, ist quasi die gesamte Geschichte von Genesis vertreten: Deren „Taking It All Too Hard“, Peter Gabriels „Red Rain“ und eben Phil Collins‘
„Against All Odds“.
Einlass eine Stunde vor Beginn