Dass elektronischer Pop mehr sein kann als nur die Summe der einzelnen Teile, wissen alle, die sich schon mal in einen Diskokugel-Hit verliebt haben. Wie sehr man dieses Prinzip aber zur Meisterschaft bringen kann, dafür braucht es dann doch die Kölnerin Jenny Thiele und ihr neues Album „Platz“.

Jenny Thiele … „Platz“

Wenn Wikipedia mit gerunzelter Stirn und nervösem Kaffee-Atem nachhaken würde, man müsste „Platz“ von Jenny Thiele offiziell als ihr drittes Album nummerieren. Allerdings stellt das Solo-Schaffen davor viel eher eine Art Prequel dar. Denn Raum und Zeit für den Selbstentwurf ihres hinreißenden Dream-Pops haben sich erst jetzt vollends geöffnet. Nun ist endlich „Platz“ und, oh boy, ist Jenny bereit, jenen auch zu füllen. Bei aller Kontinuität in ihrem Tun macht sie hier nun gleich eine große Veränderung sichtbar: „Platz“ spricht im Gegensatz zum Vorläufer „Killing Time“ auf deutsch mit dir. Die Musikerin mit dem rasiermesserscharfen Pony will auf dieser neuen Platte ihre Geschichten erzählen. Freundlich vages Pop- Englisch? Ginge zu sehr auf Kosten der Präzision. Tiefe Begegnungen bedürfen ebenso tiefer Kommunikation. Die Stücke klingen auf diese Weise weit intimer als gefälliger hiesiger Radio-Pop, man bekommt auf diesem Album den Eindruck, wie es sein müsste, Acts wie Feist oder Róisín Murphy auf Deutsch erleben zu können. Denn trotz seiner minimalistischen, sehr ausgewählten Sounds zieht „Platz“ die Vorhänge weiter auf denn je. Ein Album mit Panorama-Feeling, das Spaß daran findet, die unterschiedlichen Facetten von Jenny Thieles Songwriting auszukleiden.

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