Jai Gonzales, Choreographin und künstlerische Ko-Direktorin des Unterwegs-Theaters Heidelberg, bringt den modernen Theaterklassiker „In der Einsamkeit der Baumwollfelder“ von Bernard-Marie Koltès als Solo für die Tänzerin Ini Dill auf die Bühne. Premiere ist am 29. November in der HebelHalle.
Ein Dialog wie ein letztes Ritual in einer entzauberten Welt: suggestiv, beschwörend, kreisend, getragen von einer musikalisch-magischen Sprache – und gefährdet durch die Möglichkeit, einer der Beteiligten könnte aussteigen. Denn dann werden zwei Männer, die eben noch im sozialen Handeln und Gespräch miteinander verbunden sind, womöglich zu Tieren.
Der jung verstorbene französische Autor Bernard-Marie Koltès bringt in seinem 1987 uraufgeführten Theatertext zwei Verlorene auf die Bühne, Dealer und Kunde. Sie treffen sich im Zwielicht der Abenddämmerung an einem unauffälligen Ort am Rand der Felder zwischen den Hochhäusern. Sie mustern einander, sondieren, fordern sich gegenseitig heraus und kreisen ihren illegalen Deal ein – der umso weniger konkret wird, je länger sie sprechen. Denn der Handel würde alles beenden, was die Begegnung noch bereit hält: Die Demonstration von Macht, das Zeigen der Angst, das Offenbaren von Sehnsucht und Begehren, das Geben und Nehmen von Aufmerksamkeit – letztlich die eigene Identität in der Beziehung zum Gegenüber.
Der Warentausch ist erlernt in einer kapitalistischen Konsumgesellschaft – aber auf welche Frage ist der Handel die Antwort? Der Aufschub wird zum existentiellen Halt, in einem Leben, das unscharf bleibt im Schwebezustand des Zwielichts zwischen Tanz und Nacht, an einem einsamen Nicht-Ort zwischen dicht bevölkerten Wohnblöcken.
Bernard-Marie Koltès schrieb gesellschaftskritische, theaterwirksame Stücke, die in den 1980er Jahren schnell ihr Publikum in vielen Ländern fanden. Sein Text „In der Einsamkeit der Baumwollfelder“ kreist, wie auch andere seiner Stücke, um Unausgesprochenes, letztlich Unaussprechliches. Jai Gonzales nimmt dies zum Ausgangspunkt für ihre Zusammenarbeit mit der erfahrenen Tänzerin Ini Dill. Spannungen und Widersprüche, Verbindungen und Abstände, Direktheit und Maskierung werden mit den Mitteln des zeitgenössischen Tanzes, Sprache und Film neu ausgelotet.
Die Choreographin Jai Gonzales leitet seit 1988 gemeinsam mit Bernhard Fauser das UnterwegsTheater Heidelberg. Ini Dill ist seit über 30 Jahren als Tänzerin und Choreographin tätig und in Heidelberg als Tänzerin bei Hans Falar und beim UnterwegsTheater Ensemble bekannt. Ihre eigenen Stücke werden in renommierten Theatern und Festivals wie Sophiensaele, WUK Wien und Tanz im August gezeigt.
Choreographie: Jai Gonzales // Tanz und Performance: Ini Dill // Video, Licht: Bernhard Fauser