Vier Jazznächte zum vierzigsten Festival: Das Jazzfestival Würzburg bringt nach einem kulturgeschichtlichen Gesprächskonzert an drei Abenden je zwei Konzerte von aktuellen progressiven Formationen. Der Sonntag steht unter dem Motto: Viel Spaß bei der Kunst-Party!
Progressive, Art- und Krautrock tauchen immer öfter im gegenwärtigen Jazz auf. In persona geschieht dies auf dem 40. Jazzfestival Würzburg durch den Bassman
Norbert Dömling, vor Urzeiten Mitglied von Embryo und Missus Beastly. Vor zwei Jahren erhielt er den Darmstädter Musikpreis, und zur Verleihung stellte er flugs eine Wunsch-Band aus seinen LieblingsmmusikerInnen zusammen. Einziger Nachteil: Es gab keine Zeit zum Proben. Das Konzert lief trotzdem hervorragend, man blieb unter dem Namen Flying Spices verbunden. So z. B. der Saxophonist mit dem riesigen Sound Tony Lakatos (Foto Wilfried Heckmann) und Dömlings Duo-Partnerin Stephanie Wagner an der Querflöte. Pianist Manuel Seng und Schlagzeuger Andreas Neubauer machen die Besetzung rund und bunt. Der gebürtige Würzburger Dömling legt zwar für die Kompositionen vor, aber noch mehr kommt es ihm darauf an, wie die Bandmitglieder dieses Material interpretieren. Hörproben:
https://flying-spices.doemling.com/Zum knackigen Ende des Kernfestivals spielt das multikulturelle Sextett Kuhn Fu
um den Gitarristen Christian Kühn ebensolche Musik „zwischen Parodie und großer Ernsthaftigkeit, voller Energie und drängender Eigenwilligkeit“, wie die JazzZeitung attestiert. Sie selbst berufen sich auf Zappa und Brecht, Swing und Psychedelia und bekennen sich zu „seltsamen, schönen und eklektischen Kompositionen“. Man höre nur ihren Schostakowitsch-Punk! Kuhn Fu spielen insofern Jazz, als nur Jazzer auf diese Weise an andere Musikgenres herangehen. 2012 gegründet, veröffentlichte Kuhn Fu sieben Alben, wurde für die Komposition des Jahres 2023 für den Deutschen Jazzpreis nominiert, tourte bisher durch 23 Länder. Der BR funkte dazu, die Band habe „ein Publikum jenseits der Jazzspezialisten verdient, und wenn Kuhn Fu irgendwo in Ihrer Nähe auftritt: hingehen!“ Es spielen der Komponist Christian Kühn Gitarre, John Dikeman Tenorsaxophon, Ziv Taubenfeld Bassklarinette, Sofia Salvo Baritonsaxophon, Esat Ekincioglu Bass und George Hadow Schlagzeug. Mit Spiel- und Verbalwitz machen die Sechs eine knackige Show, von der man viel lernen kann. Hörproben:
https://www.youtube.com/watch?v=eYV8HDTb5UMDer Veranstalter, die Jazzinitiative Würzburg e. V., entstand 1984 als Selbsthilfeorganisation regionaler Profimusiker aus dem Wunsch, ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern. Das macht die allherbstliche Konzertreihe seit Jahrzehnten zu einem Förderfestival, das die Herkunft seiner Gäste auf den ganzen deutschsprachigen Raum ausgeweitet hat. Die ausschließlich ehrenamtlich arbeitenden OrganisatorInnen wählen Künstlerinnen und Künstler, die dem Publikum etwas Eigenes zu sagen haben und die neue Wege für die Zukunft des Jazz suchen. Die Stadt Würzburg zeichnete die Jazzinitiative 2000 mit der kommunalen
Kulturmedaille aus.
Einlass: 18:30 Uhr