Lesung und Gespräch | Florian Illies | Wenn die Sonne untergeht | Moderation Ingrid Abeln
Im glühend heißen Sommer 1933 spitzt sich die politische Lage in Europa zu - und die der Familie Mann: Thomas und Katia Mann und ihre sechs Kinder sind nach abenteuerlichen Fluchten im Juni in dem verträumten Hafenort Sanary am französischen Mittelmeer gestrandet. Und jetzt wissen sie alle weder vor noch zurück.
Ein Ort, eine Familie, drei Monate bei dreißig Grad – »Wenn die Sonne untergeht« ist eine große Familienaufstellung: Kaum im unsicheren südfranzösischen Exil angekommen, will Thomas Mann eigentlich sofort wieder zurück in seine edle Münchner Villa. Sein Bruder Heinrich hingegen genießt die Freiheit des Südens. Dazwischen die sechs Kinder von Thomas und Katia: Der eine, Michael, spielt Tag und Nacht Geige, der zweite, Klaus, gründet eine Exil-Zeitschrift, die dritte, Elisabeth, badet und genießt die Zeit ohne Schule. Erika, die älteste, führt Regie und schmuggelt den Besitz der Manns aus München über die Grenze, Golo holt das Geld von den Konten und versorgt den vergessenen Hund. Und Monika? Sie bleibt einfach am Strand von Sanary liegen.
Florian Illies erzählt von der Trauer um den Verlust der Heimat und des Besitzes, der Angst vor den Plünderungen der Nazis, von Trotz und Leidenschaft. Von Wehmut und vom Überlebenswillen, obwohl die alte Welt einzustürzen droht. Und er erzählt von der großen Zerreißprobe zwischen Klaus und Erika und ihrem Vater Thomas.
»Ich glaube«, sagte Marcel Reich-Ranicki, »dass es in Deutschland im 20. Jahrhundert keine bedeutendere, originellere und interessantere Familie gegeben hat als die Manns.« In Sanary ist diese außergewöhnliche Familie in einem absoluten Ausnahmezustand – alle werden das erste Mal gezwungen, sich zu bekennen. Zueinander. Zu Deutschland. Oder auch, so traurig es ist: Dagegen.
Florian Illies, geboren 1971 in Schlitz bei Fulda, studierte Kunstgeschichte in Bonn und Oxford. Nach einigen Jahren als Redakteur übernahm er bereits Ende der Neunziger Jahre die Leitung des Feuilletons der »Frankfurter Allgemeinen«, einer der renommiertesten deutschen Tageszeitungen sowie deren Sonntagszeitung. Florian Illies war darüber hinaus Mitgründer der Kunstzeitschrift »Monopol« und ihr Herausgeber. Im Jahr 1999 wurde er mit dem Ernst-Robert-Curtius Förderpreis für Essayistik ausgezeichnet. 2008 wechselte er als Ressortleiter Feuilleton und Literatur zur »Zeit«. Illies ist jetzt Partner des Berliner Auktionshauses »Villa Grisebach« und dort für die Kunst des 19. Jahrhunderts verantwortlich. Derzeit arbeitet er als freier Autor in Berlin. Copyright Autor*innen Foto: Mathias Bothor
Einlass 18:30 Uhr