Donnerstag, 12.09.2024
um 19:00 Uhr




Ronya Othmann: Vierundsiebzig
«Ich habe gesehen. Das Ich ist ein Zeuge. Es spricht, und doch hat es keine Sprache.» So beschreibt Ronya Othmann in ihrem neuen Roman den Vorgang des Erzählens. Sie will eine Form finden für das Unaussprechliche, den Genozid an der êzîdischen Bevölkerung, den vierundsiebzigsten, verübt 2014 in Shingal von Kämpfern des IS. Vierundsiebzig ist eine Reise zu den Ursprüngen, zu den Tatorten. Der Weg führt in die Camps und an die Frontlinien, in die Wohnzimmer der Verwandten und weiter in ein êzîdisches Dorf in der Türkei, in dem heute niemand mehr lebt. Es geht darum, hinzusehen, zuzuhören, Zeugnis abzulegen, Bilder und Berichte mit der eigenen Geschichte zu verweben, mit einem Leben als Journalistin und Autorin in Deutschland.
Ronya Othmann, als Tochter einer deutschen Mutter und eines kurdisch-êzîdischen Vaters 1993 in München geboren, schreibt Lyrik, Prosa und Essays und arbeitet als Journalistin. Für ihr Schreiben wurde sie viele Male ausgezeichnet, unter anderem mit dem Lyrik-Preis des Open Mike, dem MDR-Literaturpreis und dem Caroline-Schlegel-Förderpreis für Essayistik. Für Die Sommer, ihren ersten Roman, bekam sie 2020 den Mara-Cassens-Preis zugesprochen, für den Lyrikband die verbrechen (2021) den Orphil-Debütpreis, den Förderpreis des Horst-Bienek-Preises sowie den Horst Bingel-Preis 2022. Ein Auszug aus Vierundsiebzig, ihrem zweiten Roman, wurde 2019 mit dem Publikumspreis des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs ausgezeichnet. Ronya Othmann lebt in Berlin.

Walter Roth: Chronik einer Reise
Von 138.000 Banater Schwaben, die 1977 noch im rumänischen Teil des Banats lebten, verblieben nach offiziellen Angaben bis 2002 gerademal noch 19.000 übrig. Nach Adam Riese verbleibt eine Anzahl von etwa 119.000 Menschenschicksalen, allein innerhalb dieser Minderheit, die zum Spielball der Interessen zweier so unterschiedlichen Staaten und politischen Systemen, wie dies das damalige Rumänien und die Bundesrepublik Deutschland waren: das eine verkaufte diese Menschen, um an Devisen heranzukommen und das Land ethnisch zu säubern, das andere bekam für relativ wenig Geld, gut ausgebildete und der deutschen Sprache mächtige Bürger. Wie sich diese Gemengelage auf das Schicksal eines Betroffenen auswirkte, soll Thema dieses Buches sein.
Walter Roth war von 1981 bis zu seiner Flucht 1987 in die Bundes-republik Deutschland Schauspieler am Deutschen Staatstheater Temeswar. Danach lebte er in München und seit Januar 2005 in Heidelberg. Am 13. September 2004 gründete er den WaRo-Verlag.

Sultana Barakzai (Hg.): Unsere Geschichten
Was ist Heimat und was bedeutet sie für mich persönlich? Schülerinnen und Schüler aus dem Bereich Deutsch als Fremdsprache der Clemens-Brentano-Europaschule in Lollar haben sich mit diesen Fragen befasst und im Zuge dessen ihre eigenen Fluchtgeschichten aufgeschrieben. Der Band versammelt sieben Beiträge von jungen Menschen aus Afghanistan, Irak, Iran, der Republik Moldau, Syrien und der Ukraine. Entstanden sind berührende Erzählungen, die sich auf den schwierigen Weg zurück begeben – auf die Suche nach einer Sprache für die Erfahrungen des Herausgerissenwerdens und das langsame Anknüpfen an eine neue Sprache, neue Menschen, ein neues Leben.
Sultana Barakzai kam 1992 als Tochter afghanischstämmiger Eltern in Schotten (Vogelsbergkreis) zur Welt. Das Lehramtsstudium mit den Fächern Deutsch und Geschichte absolvierte sie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen. Seit 2021 ist sie als examinierte Lehrerin an der Clemens-Brentano-Europaschule in Lollar tätig. Dort unterrichtet Barakzai hauptsächlich Deutsch als Zweitsprache und engagiert sich in den Bereichen Internationale Austauschprogramme und UNESCO.

Einlass ab 18:30

Eventdaten bereitgestellt von: Reservix