Empusion - Olga Tokarczuk

Olga Tokarczuk: »Empusion«

Die Dramatisierung des neuesten Romans der polnischen Literaturnobelpreisträgerin Olga Tokarczuk, deren Texte bereits beim Lausitz Festival präsentiert wurden, inszeniert einer der bedeutendsten Regisseure seiner Generation, Antú; Romero; Nunes, als schauriges Trinkgelage mit einem komplett weiblichen Ensemble in Forst.


Das schlesische Göbersdorf galt lange als beachtenswerter europäischer Kurort. Hier wurden Heilmethoden entwickelt, die das Schweizerische Davos später zu Weltruhm brachten. Und hier spielt Tokarczuks »natur(un)heilkundliche Schauergeschichte«. Denn Göbersdorf umgibt ein schreckliches Geheimnis. Wie in Thomas Manns »Zauberberg« trifft sich eine Gruppe männlicher Patienten zu intellektuellen Spaziergängen in der Höhenluft. Während diese Herren sich mittels frauenverachtender Thesen von Darwin, Freud und Nietzsche austauschen, kommt jedes Jahr im nahen Wald ein junger Mann ums Leben. Für die Bühne wird der Roman zur dialogstarken Krimigeschichte. Wer ist verantwortlich für die Morde im Dorf und im Wald? Was für eine Rolle spielen die Tuntschis? Wieso schweigen die Dorfbewohner zu den Geschehnissen?


Tokarczuks provokantes Gleichnis auf gesellschaftliche Entwicklungen breitet an einem ausschließlich männlichen »Tuberkulosestammtisch« eine Weltgeschichte der Frauenverachtung aus. Daraus entsteht am Vorabend des verheerenden Ersten Weltkriegs ein mystisches Schlachtfeld zwischen einer misogynen Männerwelt und den Rachegeistinnen einst ermordeter Hexen, die diese nun heimsuchen. In der ländlichen Abgeschlossenheit, der Wildnis der Wälder, brechen die nicht fassbaren und durch keine »Aufklärung« mehr zu bewältigenden Fliehkräfte hervor, die das zivile Gemeinwesen zu zerstören vermögen.


Der Bühnenthriller ist zugleich eine berührende Coming Out-Geschichte des Protagonisten Mieczysław Wojnicz. In Koproduktion mit den Theatern in Basel und Köln, an denen das Lausitzer Original im Anschluss an das Festival im Repertoire gezeigt werden wird, entsteht so ein Theater über unsere Angst vor dem Anderen. In der Regie von Antú Romero Nunes sowie in der Ausstattung von Matthias Koch – beide Künstler arbeiteten zuletzt für die zum Berliner Theatertreffen eingeladene Inszenierung »Ein Sommernachtstraum« zusammen – scheint in der Auseinandersetzung mit einer diskriminierenden Welt die Utopie eines postpatriarchalen Lebens auf.


Antú Romero Nunes (Regie)
Matthias Koch (Bühne, Kostüm, Licht)
Anna Bauer (Musik)
Lucien Haug (Fassung)
Michael Gmaj (Dramaturgie)
Aenne Schwarz (Schauspielerin)
Anne Haug (Schauspielerin)
Charlotte Müller (Schauspielerin)
Gro-Swantje Kohlhof (Schauspielerin)
Sabine Waibel (Schauspielerin)

Koproduktion mit dem Theater Basel, dem Schauspiel Köln und dem Staatstheater Cottbus.

Einlass: 19:00Uhr

Eventdaten bereitgestellt von: Reservix

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