Samstag, 20.04.2024
um 20:00 Uhr

Ankersaal Burghausen
Stadtplatz 41/42
84489 Burghausen



Mit Anna März, Marysol Remy, Oliver Vilzmann, Robert Gregor Kühn und anderen
Von Tennessee Williams | Deutsch von Helmar Harald Fischer

Blanche DuBois, eine verblassende Southern Belle von lichtscheuem Gemüt und leicht affektierter Eleganz, sieht sich als Vertreterin der alten Ordnung – eines aristokratischen Amerikas der Cocktail-Partys und gepflegten Konversationen, einer massiv in Auflösung befindlichen Welt. Als Blanche mit jener Straßenbahn, deren Endstation „Sehnsucht“ heißt, die Wohnung ihrer kleinen Schwester Stella in einem heruntergekommenen Stadtteil von New Orleans erreicht, hat sie einen Teil dieser Welt bereits zu Grabe getragen: das elterliche Anwesen „Belle Rêve“, das die Falschheit seines Traums schon im Namen trägt, ist verloren. Blanche ist nervlich zerrüttet, schutzlos und der sanften Entrückung durch den Alkohol zugetan.

Stanley Kowalski hingegen, Stellas Mann, Nachfahre polnischer Einwanderer, Ex-Soldat und passionierter Pokerspieler von geradezu kreatürlicher Durchsetzungskraft, der mit dem Wort ebenso zu verletzen vermag wie mit der Faust, vertritt die neue Ordnung: ein Amerika, in dem Herkunft nicht mehr zählt, nur das Werk der eigenen Hände. Blanches Selbstbild kultureller Überlegenheit, die in ihrem Schwager nur das Animalische erkennen kann, aber auch ihre Verklärtheit und Hilflosigkeit reizen Stanleys Angriffslust bis zum Äußersten – in seiner Welt des Machbaren ist Blanche ein Störfall, der beseitigt werden muss. Unverhofft ein Ass im Ärmel hat Stanley, als er die Wahrheit über Blanches Flucht aus der heimatlichen Provinz erfährt – und er ist bereit, diesen Vorteil gnadenlos auszuspielen…

„Endstation Sehnsucht“, allein mit seiner ersten Inszenierung von 1947 unglaubliche 856 Male am Broadway gespielt, mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet, verfilmt von Elia Kazan mit Vivien Leigh und Marlon Brando, von den amerikanischen Theaterkritikern 1999 zum wichtigsten Theaterstück des 20. Jahrhunderts gewählt, ist seiner Gegenwart weit voraus. Denn während Blanches Welt der Utopien in Zeiten entfesselter Märkte endgültig verloren scheint, hat Stanleys Glaube an den rigorosen Wettbewerb gerade erst begonnen, seine ganze zerstörerische Kraft zu entfalten.

Mit freundlicher Genehmigung des Verlags Jussenhoven & Fischer

Einlass: 19:30 Uhr

Eventdaten bereitgestellt von: Reservix

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Endstation Sehnsucht

URAUFFÜHRUNG

Das Stück von Tennessee Williams, das seine Figuren mit all ihren Sehnsüchten, Wünschen, aber auch ihren Verletzungen und Grausamkeiten auf die Bühne bringt, ist wie ein Tanz zwischen zwei Welten: der rauen Wirklichkeit und einer utopischen Wunschvorstellung.

Die Bahnlinie mit der Endstation „Sehnsucht“ bringt Blanche in einen ärmlichen Stadtteil von New Orleans zu ihrer Schwester Stella. Das Leben hier ist geprägt von einer wiederholt eskalierenden, doch ständig latenten Gewalt gegen Frauen. Stella hat sich mit diesem Dasein abgefunden. Blanche dagegen will die Realität nicht hinnehmen. Beharrlich verschließt sie die Augen vor allem Unangenehmen und denkt sich die Welt lieber, wie sie sein sollte.

Choreograf Martin Chaix erzählt die Geschichte von Blanche als Rückblick. Ihn interessieren dabei vor allem Fragen nach dem Umgang einer Gesellschaft mit Frauen. Diese sind heute genauso aktuell wie zur Entstehungszeit des Dramas in den 1940-er Jahren. Chaix setzt sich mit dem Themenkreis der alltäglichen Gewalt und toxischer Beziehungen auseinander. Dabei verrät seine Auswahl an Musik einerseits den Jazz-Liebhaber, andererseits spiegelt sie eine bewusste Entscheidung für Komponist*innen afroamerikanischer Herkunft wider, die viel zu selten gespielt werden. Auch hier sieht Chaix die Gelegenheit, Licht darauf zu werfen, was allzu oft im Schatten bleibt.

Das Stück von Tennessee Williams wie auch die Ballett-Version von Martin Chaix enthaltenSzenen, in denen (sexualisierte) Gewalt dargestellt wird. Die Aufführung ist daher für Kinder unter 13 Jahren nicht geeignet.

Cottbus

16.05.2024
19:30 Uhr